Medizintechnologie und die Rolle der Distribution
06. Oktober 2023
Von der ersten Idee bis zur Marktreife
Die Medizintechnik umfasst Krankenhaustechnik und medizinische Geräte und ist einer der wichtigsten Bereiche der Gesundheitswirtschaft und Treiber für den medizinischen Fortschritt. Der Einsatzbereich ist stark technisch geprägt – und mit der innovativen Elektronik kommt die Bauelemente-Distribution insSpiel.
Stark KMU-geprägt, hoch-innovativ mit kurzen Produktzyklen und exportstark – das ist die Medtech-Branche in Deutschland. Im vergangenen Jahr 2022 erzielte sie einen Umsatz von 38,4 Mrd. € (rechnet man den Umsatz von Kleinbetrieben ein, sind es über 48 Mrd. €) – ein Drittel davon mit Produkten, die nicht älter als 3 Jahre sind. Vom Umsatz flossen durchschnittlich 9 % in Forschung & Entwicklung, die die Innovationskraft konsequent vorantreiben. Dem Inlandsumsatz in der Höhe von 12,6 Mrd. € steht eine Exportquote von 67 % gegenüber – Hauptabnehmer ist die EU mit Niederlande, Frankreich, UK und Italien, gefolgt von Nordamerika und China, und dem restlichen Europa.
Eine weltweit durchschnittliche Wachstumsrate von 6,99 % von 2023 bis 2028 prognostiziert das Institut »Mordor Intelligence« dem Medtech Device Markt. Ausgehend von einem Marktvolumen von 595,42 Mrd. US $ in 2023 soll es auf 834,72 Mrd. US $ in 2028 ansteigen, am schnellsten in der Asia-Pacific Region und mit Nordamerika als größten Markt. Steigen wird insbesondere die Nachfrage an anspruchsvolleren Elektronik-Komponenten.
Schon heute realisieren intelligente Sensoren die sichere und leistungsfähige Funktion von medizinischen Geräten (z.B. Blutzuckermessung), bei deutlich einfacherer Handhabung. Auch Wearables mit smarten Anwendungen sind längst im Markt angekommen. Bis 2025 sollen u.a. medizinische Tricorder, Robotic Care, Augmented / Virtual Reality, Überwachungstools bis hin zu AI-getriebenen Anwendungen auf den Markt kommen. Zu den Treibern gehören die Miniaturisierung bei technischen Komponenten und Systemen (z.B. bei Sensorsystemen), Digitalisierung, Integration von Informations- und Kommunikationstechnik in medizintechnische Systemen, Vernetzung und Automatisierung bzw. Medizintechnik und IT. Eine Schlüsselrolle in allen Bereichen spielt innovative Elektronik.
Mehrfachspezialisten mit breitem Serviceangebot
Voraussetzung für funktionierende Systeme ein genau getaktetes Zusammenspiel aller Module und Bauelemente.
Auftritt Bauelemente Distributoren: Sie betreiben People-to-People-Business und fungieren als Mittler zwischen Hersteller und Kunden. Hier erhalten Einkäufer und Entwickler herstellerunabhängige Beratung und fundierte Unterstützung bei Auswahl und Design-In von technologisch und kommerziell geeigneten Komponenten für ihre Anwendungen.
Man denke beispielsweise an ein MRT-System, bei dem Steuerelemente mit Sensoren und dem Motor in einer möglichst kompakten Einheit integriert werden sollen. Da müssen verschiedenste Bauteile von unterschiedlichen Herstellern reibungslos und maximal effizient miteinander funktionieren. Klappt es mit einem bestimmten Bauteil nicht, muss schnellstmöglich eine passende Alternative gefunden werden – bei überschaubaren Lieferzeiten, versteht sich. Dazu kommt eine langfristig sichere Lieferkontinuität für die Bauteile als eine Grundvoraussetzung, um im Medtech ins Geschäft zu kommen.
Die Distributoren fungieren als zuverlässiger Partner mit dediziertem Fachwissen, sei es bei marktspezifischen Fragen oder bei Komponenten, und bedienen die unterschiedlichen Anforderungen. Mit Hilfe von Starter-Kits und Referenzdesigns können sie dazu beitragen, Evaluierungs- und Entwicklungsphasen zu verkürzen, was wiederum dem Hersteller einen schnelleren Einstieg in die Massenfertigung ermöglicht. Sie liefern perfektes Wissen in punkto Einführung neuer Produkte (NPI) bis hin zur Abwicklung in der End-of-Life-Phase und unterstützen mit Verständnis für die Kundenbedürfnisse. Ob es sich um einen Großkonzern oder ein Start-up als Kunde handelt, der Fokus eines Distributors liegt immer auf einem optimalen Ergebnis.
Von der ersten Idee bis zur Marktreife – die Bauelemente-Distribution ist extrem vielfältig. Die Kenntnisse reichen von Anforderungen der verschiedenen Märkte, über diverse Logistiksysteme, unterschiedlichste Lebenszyklen bis hin zu geltenden Gesetzen und Normen (vor allem Compliance-Regularien). Entsprechend werden Distributoren immer wichtigere Erfolgspartner mit breiter Expertise, die von Anfang an im Projekt integriert sind und in jedem Schritt des kompletten Produktlebenszyklus Support leisten: Machbarkeitsüberlegungen eines Neuprodukts bzw. dem Redesign eines bestehenden Produkts, Vorentwicklung mit Beratung zu geeigneten Bauelementen und eventuellen Alternativen sowie über Umfang und Einhaltung der Umweltregulierungen. Im Rahmen der Produktverantwortung des Kunden hat dieser Aspekt besondere Relevanz, nicht nur in Europa sondern weltweit. Denn Hersteller müssen die Konformitätsbewertung eigenverantwortlich durchführen und sind dabei für den Support des Distributors dankbar.
Marktspezifische Regulierungen
Im Medtech-Markt liegt besonderes Augenmerk auf der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Geräte, um das Wohl der Patienten zu gewährleisten. Maßgeblich bestimmend für den Markt ist die Medizinprodukteverordnung Medical Devices Regulation (MDR EU) bzw. Verordnung 2017 / 745 / EU, in Kraft getreten am 26.5.2021. Das Ziel der mit den Regularien gekoppelten Rahmenbedingungen ist, die Sicherheit von Medizinprodukten über den gesamten Lebenszyklus weiter zu erhöhen.
Um diese strengeren Anforderungen zu erfüllen, müssen die Produkte mit sicherheitsrelevanten Normen und Regulierungen konform sein. Die komplexe Gesetzgebung erfordert tatsächlich tiefe Kenntnisse vielfältiger Sachverhalte.
Im Umgang mit Freigaben und Zertifizierungen bietet der FBDi Verband seinen Mitgliedern eine wichtige Plattform, auf der sich die Distributoren regelmäßig austauschen können – von Markteinschätzungen bis hin zum Umgang mit Vorgaben und Ökodesign-Regularien, und wertvolles Spezialwissen zu erhalten und auszubauen. Das erspart ihnen kostspielige externe Beratung. Denn unabhängig vom Zielmarkt darf ein elektronisches Produkt in der EU nur dann in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn es die Bestimmungen aller auf das Produkt anwendbaren EU-Richtlinien erfüllt.
Ausblick
Die Aussichten stehen gut für die deutsche Medtech-Branche: Durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft – noch in der Mitte dieses Jahrhunderts soll die Sterberate die Geburtsrate übertreffen – wird sie durch Gesundheitsleistungen nach der Pensionierung weiter wachsen. Dazu kommen technologische Neu- oder Weiterentwicklungen, die Digitalisierung, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, und individualisierte Medizintechnik als weitere Triebfedern.
Eine jährliche Wachstumsrate (CAGR 2023 – 2028) von 4,67 % und ein Marktvolumen von 45,27 Mrd. € in 2028 prognostiziert das Institut Statista dem deutschen Markt. Er ist geprägt von gut ausgebildeten Fachkräften und einer guten Infrastruktur.
Allerdings gibt es auch hier Fachkräftemangel und weitere Herausforderungen wie Unsicherheiten bei Zulieferern und Lieferketten, Kostensteigerungen und insbesondere der Umgang mit der MDR, der wichtige Ressourcen bindet.
Genau hier können Distributoren als kooperativen Mehrfachspezialisten mit breitestem Serviceangebot um eine treibende Rolle spielen. Indem sie Know-how bei Regularien bieten, können sie das Tagesgeschäft von Herstellern klar vereinfachen, und mit ihrem geballten Branchenwissen auch deren Blickwinkel erweitern, und sie können die Marktteilnehmer mit ganzheitlichen Lösungen dabei unterstützen, um Marktpotenziale voll auszuschöpfen.
Indem sie von Anfang an im Projekt involviert sind und in jedem Schritt des komplexen Produktlebenszyklus Support leisten, werden sie immer wichtigere Erfolgspartner mit großer Expertise. Speziell in der von hohen Sicherheitsanforderungen und Zertifizierungen geprägten Medtech Branche sollten diese Punkte besondere Relevanz haben.
[1] Quelle: Bvmed.branchenstudien
[2] Quelle: Mordor Intelligence
[3] Quelle: Statista
© Bildrechte, Adobe Stock